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Wie kann man das Spiel des Wassers in Töne umsetzen und wie lässt sich ein musikalischer Brunnen bauen? In der Wasserstadt Duisburg beschäftigten sich 2009 Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen Kunstformen mit dem Thema Wasser.
Wasser ist nicht nur eine der kostbarsten Ressourcen der Erde, sondern zugleich ein Element, das die Geographie und Wirtschaft der Ruhrmetropole und das Leben ihrer Bewohner*innen bis heute maßgeblich prägt. Für die Wasserstadt Duisburg gilt dies in ganz besonderer Weise. Am Zusammenfluss von Ruhr und Rhein gelegen, verfügt die einstige Hansestadt über den größten Binnenhafen Europas.
Auch in der Kunst spielt das Wasser seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle. So haben sich unzählige Musiker*innen, Dichter*innen, Maler*innen und bildende Künstler*innen vom Spiel des Wassers inspirieren lassen. Während Komponisten wie Maurice Ravel oder Claude Debussy das Rauschen des Meeres, das Plätschern der Brunnen oder die Reflexionen des Lichtes auf einer bewegten Wasseroberfläche in faszinierenden Klavierstücken verewigten, hat das Schweizer Künstlerpaar Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle mit dem Bau und der Gestaltung von Brunnen wie dem zu Beginn der 1990er Jahre in Duisburg errichteten „Lifesaver“-Brunnen das Element Wasser selbst zu einem Bestandteil ihrer Kunst gemacht.
Im Frühjahr 2009 haben sich rund 100 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Rahmen des interdisziplinären Education-Projekts „Wasserspiele“ mit dem Phänomen Wasser beschäftigt. Ziel war es, das Thema in unterschiedlichen Kunstformen aufzugreifen, um auf diese Weise seine Vielfalt zu verdeutlichen. Zugleich war es uns wichtig, Kinder aus verschiedenen Duisburger Stadtteilen und unterschiedliche Schulformen in die kreative Arbeit einzubeziehen. Die Schulauswahl erfolgte daher in enger Zusammenarbeit mit dem Schulamt und der SchulKulturKontaktstelle der Stadt Duisburg.
Während Grund- und Förderschüler*innen in zahlreichen Musikworkshops eigene Wasser-Improvisationen entwickelten, gestalteten Berufsschüler*innen in mehrmonatiger Arbeit einen musikalischen Brunnen. Außerdem erarbeiteten junge Erwachsene aus den Berufspraxisklassen der Buchholzer Waldschule, einer Förderschule für geistige Entwicklung, eine Fotoausstellung über Brunnen in Duisburg.
In einer Reihe von Workshops haben sich eine 2. und eine 4. Klasse der Grundschule Henriettenstraße (Duisburg-Marxloh) sowie Schülerinnen und Schüler der Buchholzer Waldschule, einer Förderschule für geistige Entwicklung in Duisburg-Wedau, musikalisch mit der Wasserthematik beschäftigt. Unter der Leitung von Richard McNicol und Tobias Bleek entwickelten die Grund- und Förderschüler*innen auf Orff-Instrumenten eigene Improvisationen.
Der Ausgangspunkt der kreativen Arbeit war dabei das Spiel des Wassers und seine vielfältigen Klänge und Geräusche: das Prasseln des Regens, das Wogen und Plätschern der Wellen, der Wasserfluss eines Brunnens oder die Bildwelt eines Wassergedichts. Ein wichtiges Anliegen des Projekts war es, nicht nur die musikalische Vorstellungskraft der Kinder anzuregen, sondern auch ihre sozialen Fähigkeiten und ihre Konzentration zu stärken. So erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler ihre Wasserimprovisationen gemeinsam in Kleingruppen. Dabei ging es darum, aufeinander zu hören, gemeinsam zu beginnen und aufzuhören, das Spiel der anderen in der Gruppe wahrzunehmen, sich selbst auch einmal zurückzunehmen und aufeinander zu reagieren. Dieser Prozess des Zusammenspielens in einer Gruppe, der für viele Kinder eine große Herausforderung darstellt, war das eigentliche Ziel der Arbeit. Insofern präsentierten die Schülerinnen und Schüler bei der musikalischen Hafenrundfahrt im Mai keine fertigen Wasser-Stücke, sondern ein „work in progress“.
Familienkonzert
Da die Platzkapazitäten auf dem Schiff begrenzt waren, wurden alle Schüler*innen der Grundschule Henriettenstraße im Vorfeld der Aufführung zu einem moderierten Schulkonzert mit Tamara Stefanovich eingeladen. Auf dem Programm standen neben den Wasser-Improvisationen der Projektteilnehmer*innen mit Claude Debussys Jardins sous la pluie („Gärten im Regen“) und Maurice Ravels Jeux d’eau auch jene Klavierstücke, auf die sich die Kinder in ihrer kreativen Arbeit bezogen hatten.
Ein neuer Brunnen für Duisburg
Während die an den Musik-Workshops beteiligten Schulen 2009 zum ersten Mal an einem Education-Projekt des Klavier-Festivals mitwirkten, wurde in den Kunst-Workshops die 2008 im Rahmen des Discovery-Projekts Musikalische Maschinen MaschinenKunst begonnene Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Albert-Lange Berufskolleg fortgesetzt.
Unter der technischen Leitung ihres Lehrers Christoph Arning bauten 18 Metallbauer*innen im zweiten und dritten Lehrjahr einen transportablen Brunnen aus Stahl. Um die komplexe Aufgabe technisch zu bewältigen, wurde diesmal nicht nur in der schuleigenen Werkstatt, sondern auch in den Räumlichkeiten der Firma In-Steel Kreul in Oberhausen gearbeitet. Für die angehenden Metallbauer bot sich so die Gelegenheit, in einem neu zusammengestellten Team in einem außerschulischen Umfeld zu arbeiten, neue Verfahren und Materialien kennenzulernen und sich bei den verschiedenen Arbeitsschritten gegenseitig zu unterstützen.
Die künstlerische Leitung des Projekts lag wie schon im Jahr zuvor bei dem englischen Bildhauer und Designer Paul McLaren: „Für die Schule ist es nicht neu, auf ungewöhnliche und unorthodoxe Weise zu arbeiten. Für mich ist es spannend zu beobachten, wie sich junge Leute, deren späterer Arbeitsalltag häufig in der industriellen Fertigung liegen wird, mit künstlerischen Ideen und anderen Sichtweisen auf die Wirklichkeit auseinandersetzen.
Die Brunnenskulptur selbst basiert auf der Idee eines maschinenartigen Engels, der in seiner freudigen Erregung die Befreiung von Mühe und Arbeit symbolisiert. Das Wasser fließt durch seine Adern und erzeugt bei seinem Aufprall auf Objekte, die von den Projektteilnehmern in Ergänzung zu dem ursprünglichen Entwurf entwickelt wurden, leise Klänge. Zugleich kann das Wasser hier als ein Element verstanden werden, das die Welt der Natur und die Welt der Industrie verbindet. Es vermittelt jenen Optimismus, der uns erfüllt, wenn ein Arbeitsprozess gelingt.“
Im Mai 2009 wurde der neu entstandenen Brunnen im Rahmen des Familiennachmittags des Klavier-Festivals Ruhr auf der Duisburger Hafenpromenade ausgestellt. Seinen endgültigen Standort soll er im Neubau des Friedrich-Albert-Lange Berufskollegs finden.
Duisburger Brunnen im Bild
In einem Fotoprojekt haben sich Schülerinnen und Schüler der Buchholzer Waldschule mit dem Thema Wasser im Medium der Fotografie beschäftigt. Die jungen Erwachsenen, die die Berufspraxisklassen der städtischen Förderschule besuchen, setzten damit eine Arbeit fort, die sie 2008 im Rahmen des Wasserwettbewerbs des Schulamts Duisburg begonnen hatten. Nachdem sie sich in ihrem Wettbewerbsbeitrag mit den unterschiedlichen Erscheinungsformen des Wassers beschäftigt hatten, stand diesmal das Thema „Brunnen“ im Zentrum der fotografischen Arbeit. Unter der Leitung ihres Lehrers Reinhard Weinem unternahmen sie Exkursionen zu Duisburger Brunnen und erarbeiteten eine Ausstellung, die im Mai 2009 auf der MS Gerhard Mercator präsentiert wurde.
In sechs Moderationsworkshops haben zehn Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit dem Schriftsteller Sascha Pranschke die Moderation der musikalischen Hafenrundfahrten entwickelt. Die Fünft- und Sechstklässler*innen besuchen die Gesamtschule Ruhrort, die Gustav-Heinemann-Realschule und das Landfermann-Gymnasium.
Zunächst sammelten die Teilnehmer*innen Materialien, unternahmen eine Hafenrundfahrt und beschäftigten sich mit der Frage, was eine gelungene Moderation ausmacht. Der Höhepunkt dieser ersten Projektphase war dabei ein Workshop mit Tamara Stefanovich. So berichtet Sascha Pranschke: „Die Begegnung mit Tamara Stefanovich bot den Schülerinnen und Schülern die einzigartige Gelegenheit, einer professionellen Pianistin über die Schultern zu schauen. Mit großem Einfühlungsvermögen vermittelte sie den Kindern ihren persönlichen Zugang zur Musik von Ravel und Debussy. Dabei war ihr Interesse daran, wie die Kinder diese Musikstücke erleben und welche Sinneseindrücke sie bei ihnen auslösen, ebenso groß wie umgekehrt das Interesse der jungen Moderatoren an Stefanovich Arbeit als Musikerin.“
In der zweiten Projektphase ging es dann darum, auf der Grundlage des gesammelten Materials die Moderation gemeinsam zu entwickeln und sie schließlich in Kleingruppen einzustudieren. Dazu bildeten sich drei „schulübergreifende“ Moderationsteams. Diese führten das Publikum im Mai 2009 durch das Programm der drei musikalischen Hafenrundfahrten.
Im Sommer 1905 schipperte der französische Komponist Maurice Ravel auf einer zweimonatigen Fluss- und Kanalkreuzfahrt unter anderem durch die Industrielandschaft des Ruhrgebiets und war zugleich überrascht und begeistert: „Das ist nicht annähernd der Rhein, wie ich ihn mir vorgestellt hätte: tragisch und legendenumwoben; es gibt keine Nixen, keine Gnomen und keine Walküren, keine Burgen hoch oben auf tannendunklen Felsspitzen […]. Bei Einbruch der Nacht sind wir zu den Fabriken hinabgestiegen. Wie soll ich Ihnen den Eindruck dieser Schlösser aus flüssigem Metall beschreiben, dieser weißglühenden Kathedralen […].“ Wenige Jahre zuvor hatte sich Ravels Landsmann Claude Debussy, der in Kindertagen nicht Komponist, sondern Seemann werden wollte, auf eine imaginäre musikalische Bootsfahrt begeben und ein kleines vierhändiges Klavierstück mit dem Titel En bateau („Auf einem Schiff“) komponiert.
Wie viele Komponist*innen vor und nach ihnen waren Debussy und Ravel vom Spiel des Wassers fasziniert. Sie lauschten nicht nur seinen unterschiedlichen Klängen und beobachteten seine vielfältigen Bewegungsformen, sondern versuchten, diese in ihrer Musik auch in Töne zu fassen. 1901 schrieb der 26-jährige Maurice Ravel sein berühmtes Klavierstück Jeux d’eau, „angeregt vom Geräusch des Wassers und von den musikalischen Klängen, die man aus Springbrunnen, Wasserfällen und Bächen heraushören kann“. Drei Jahre später nahm Claude Debussy das Spiel von Licht und Schatten auf der Wasseroberfläche, die tanzenden Sonnenstrahlen und die Spiegelungen des Himmels und der Uferlandschaft zum Ausgangspunkt seiner Komposition Reflets dans l’eau („Spiegelungen im Wasser“). In anderen Klavierstücken beschäftigte er sich mit dem Rauschen und Trommeln des Regens (Jardin sous la pluie, „Gärten im Regen“) oder mit den zahlreichen Lebe- und Fabelwesen, die das Wasser bevölkern. So nimmt der Titel des Klavierstücks Ondine („Undine“) auf die sagenumwobenen Wassernixen Bezug, deren betörender Gesang schon manchem Schiffer zum Verhängnis geworden sein soll.
Beiden Komponisten ging es in ihrer „Wasser-Musik“ allerdings nicht darum, die Klänge und Geräusche des Wassers einfach nur nachzubilden. So erklärte Debussy in einem Interview: „Ich strebe für die Musik eine Freiheit an, […] welche nicht mehr auf die mehr oder weniger getreue Wiedergabe der Natur eingeengt bleiben, sondern auf den geheimnisvollen Entsprechungen zwischen Natur und Phantasie beruhen sollte.“
Selbstverständlich haben sich nicht nur Komponist*innen, sondern auch Schriftsteller*innen, Dichter*innen, Architekt*innen, Bildhauer*innen und in jüngerer Zeit Fotograf*innen und Filmemacher*innen mit den vielfältigen Erscheinungsformen des Wassers auseinandergesetzt. Eine ganz besondere Form der „Wasser-Kunst“ sind dabei die von Künstler*innen gestalteten Brunnenbauten. Das Fließen des Wassers, das aufspritzt, sprudelt, gluckst oder rinnt, wird hier nämlich nicht beschrieben oder abgebildet, sondern ist ein elementarer Bestandteil des Kunstwerks selbst. Zu den bekanntesten und originellsten Brunnen-Gestaltern des 20. Jahrhunderts gehören zweifellos Jean Tinguely und Niki de Saint-Phalle. Für die Stadt Duisburg hat die Schweizer Künstlerin in Zusammenarbeit mit ihrem Lebensgefährten Anfang der 1990er Jahre den „Lifesaver“-Brunnen gestaltet.
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